Geräuschkulisse
Plötzlich zutiefst erschrocken über diese aggressive, unbeherrschte Gereiztheit gegenüber allen Geräuschen von außen. Gemurmelte, hässliche Schimpfworte, gegen die sich die Möbel unter einer dicken Staubschicht zu verstecken versuchen und die Fensterscheiben trüb vor Scham werden. Geräusche, die ich früher nur am Rande wahrgenommen habe, die ich nicht hätte aufzählen können, hätte man mich danach gefragt, explodieren seit einiger Zeit widerwärtig aufdringlich direkt in meinem Kopf, überschwemmen meine Gedanken mit ihren Trümmern, fressen sich durch meine Nervenfasern, treiben mich in gereizten Wahnsinn. 'Haltet doch endlich alle mal die Fresse', möchte ich schreien. Vielleicht tue ich das sogar. Vielleicht schmeiße ich aber auch nur, selbst explodierend, den Kugelschreiber gegen die Tür oder trete den mit leeren Zigarettenschachteln gefüllten Papierkorb unter den Schreibtisch.
Vielleicht, ja, vielleicht ist das alles aber auch ganz anders. Vielleicht sind mir die Geräusche, so aufdringlich sie auch sind, ein Alibi für die unerledigten Dinge um mich herum. Vielleicht verstecke ich dahinter meine Unfähigkeit, mich zu konzentrieren. Meine Unfähigkeit, alle Briefkuverts zu öffnen. Alle Dokumente einzusortieren. Irgendwas zuende zu bringen. Irgendwas neues anzufangen. Anstatt zwischen allen den halbfertigen Aufgaben hin- und herzuschwanken. Vielleicht verstecke ich mich hinter den sechzehn zuknallenden Autotüren an dem Wagen der Nachbarn. Hinter dem Echo der Gartenpforte nebenan. Hinter dem Aufjaulen des Motors des losfahrenden Kleinlasters. Hinter dem zufriedenen, schläfrigen Gurgeln des Kaffeeautomaten.
Ich hätte heute einen recht ruhigen Tag, im Vergleich zu den vorherigen. Ich hätte, wenn ich nicht kurz vorm Zerspringen wäre. Kurz vorm Bersten.
Das kommt mir sooooo bekannt vor... Es gibt Tage, da bringt einen das leisteste Geräusch auf die Palme. Und doch ists nur eine Ausrede...
LG Sunny