Freitag, 7. August 2009
Idiotin, August 2009



Geräuschkulisse
Plötzlich zutiefst erschrocken über diese aggressive, unbeherrschte Gereiztheit gegenüber allen Geräuschen von außen. Gemurmelte, hässliche Schimpfworte, gegen die sich die Möbel unter einer dicken Staubschicht zu verstecken versuchen und die Fensterscheiben trüb vor Scham werden. Geräusche, die ich früher nur am Rande wahrgenommen habe, die ich nicht hätte aufzählen können, hätte man mich danach gefragt, explodieren seit einiger Zeit widerwärtig aufdringlich direkt in meinem Kopf, überschwemmen meine Gedanken mit ihren Trümmern, fressen sich durch meine Nervenfasern, treiben mich in gereizten Wahnsinn. 'Haltet doch endlich alle mal die Fresse', möchte ich schreien. Vielleicht tue ich das sogar. Vielleicht schmeiße ich aber auch nur, selbst explodierend, den Kugelschreiber gegen die Tür oder trete den mit leeren Zigarettenschachteln gefüllten Papierkorb unter den Schreibtisch.

Vielleicht, ja, vielleicht ist das alles aber auch ganz anders. Vielleicht sind mir die Geräusche, so aufdringlich sie auch sind, ein Alibi für die unerledigten Dinge um mich herum. Vielleicht verstecke ich dahinter meine Unfähigkeit, mich zu konzentrieren. Meine Unfähigkeit, alle Briefkuverts zu öffnen. Alle Dokumente einzusortieren. Irgendwas zuende zu bringen. Irgendwas neues anzufangen. Anstatt zwischen allen den halbfertigen Aufgaben hin- und herzuschwanken. Vielleicht verstecke ich mich hinter den sechzehn zuknallenden Autotüren an dem Wagen der Nachbarn. Hinter dem Echo der Gartenpforte nebenan. Hinter dem Aufjaulen des Motors des losfahrenden Kleinlasters. Hinter dem zufriedenen, schläfrigen Gurgeln des Kaffeeautomaten.

Ich hätte heute einen recht ruhigen Tag, im Vergleich zu den vorherigen. Ich hätte, wenn ich nicht kurz vorm Zerspringen wäre. Kurz vorm Bersten.



Idiotin, August 2009



Happy Birthday
Geburtstag feiern, wenn der Jubilar nichts von Geburtstag weiß und es ihm obendrein egal wäre, wüsste er es doch, fühlt sich ein bisschen so an, als würde man mit an den Fahrradlenker geknoteten Stricken in den Händen "Hüüüüüüa! schreien, gleichzeitig mit der an den Gaumen gepressten Zunge Hufgetrappel imitieren, in der scharfen Kurve ganz unten am Ende des Hügels auf dem Rollsplitt ins Taumeln kommen, sich beide Knie blutig schlagen und dem Fahrrad beruhigend zumurmeln, dass es nicht seine Schuld sei.

Was schenkt man übrigens einem Methusalem zum Geburtstag. Richtig. Sein Lieblingsessen: Brötchenhälften, dick mit feiner Leberwurst bestrichen.