Schnee kommt
... und Schnee geht, während er fällt, schmilzt er auch schon wieder und es wäre deutlich weniger mühsam für unser kleines, gallisches Dörfchen, würde er gleich als Regen fallen, denn als vor zwanzig Jahren abgestimmt wurde, ob der gewöhnliche Landbewohner einen kleinen Obulus an die Stadt zahlt und dafür schneebefegt wird oder lieber selbst schneefegt und dafür nix zahlt, entschied sich der ordinäre Provinzler für - ja, richtig: für das eigenverantwortliche Schneegeschiebe. Ich war damals nicht dabei, bei dieser Gallischdorfabstimmung, aber sitze dennoch mit im Schneebesenboot. Und das wäre ja wahrscheinlich nur halb so schlimm, wäre ich nicht stolze Besitzerin einer "Superinfektion", weniger dramatisch auch als Sekundärinfektion bekannt. Die Apothekerin, bei der ich heute vormittag mit kaum hörbarer Stimme um ein richtiges Nasenspray bat, also so ein richtiges, nicht so ein halbes und nicht so eines, wie ich es als bekennender Nasensprayjunkie zu verwenden pflege, prophezeite mir ein böses Ende, würde ich nicht umgehend zum Arzt gehen und mir die grünvereiterten Nebenhöhlen spülen, antibiotizieren und vielleicht sogar ausschaben oder was auch immer lassen. Da ich aber nicht scharf auf die genannten Behandlungsmöglichkeiten bin und es obendrein Freitag ist, werde ich das Wochenende auch ohne ärztliches Einschreiten überleben. Zumindest habe ich das vor.

Zudem ist eine mutmaßliche Nebenhöhlenvereiterung auch nicht das Schlimmste, das mich plagt. Viel schlimmer - und nachhaltiger - plagt mich die versemmelte Prüfung des Ältesten und die allgemeine Arbeitsscheu der "Ich bin ja krank"-Jüngeren, so dass ich mich auch weiterhin und doppelt in der Rolle der Ernährerin, Geldbörsenaufhalterin, Zahlungs- und Unterhaltspflichtigen, Goldeselin und Um-alles-Kümmerin austoben darf und muss. Selig also der, der arbeitet. Und zahlt. Glücklich der, der davon profitiert. Das treibt mein Wutkonto allerheftigst in die Höhe, das kann ich Ihnen sagen, aber nutzen tut mir das nix. Aber auch rein gar nix. Also mal schön drauf aufs Wutkonto und weitermachen. Mit dem Schneeschieben, dem grünen Rotz (Früher regelmäßig Rockfabrik, heute täglich Rotzfabrik) und dem Zahlen.

Mir platzt gleich der Schädel, aber das nur am Rande. In der Mitte warten ein Dutzend Rechnungen darauf, geschrieben zu werden. Das ist immens wichtig, denn immerhin muss ich ja bald wieder mein Portemonnaie aufmachen und zahlen. Um Schimmel an einem Übermaß von träge umherliegenden Geld muss ich mir zumindest keine Gedanken machen, das hat doch auch was und ist sehr beruhigend.

Bevor mir gleich tatsächlich der Schädel platzt und Fontänen grünen Rotz sich über meinen Schreibtisch ergießen, will ich jetzt mal schnell meine Arbeiten erledigen. Und Schneeschieben. Anstatt das Geld für die Schneefegerei der Stadt in den Hals zu werfen, werfe ich es dann einem meiner "Schutzbefohlenen" an den Kopf. Oder so. Hossa.